An der Südküste des Gardasees, am Ende der Halbinsel von Sirmione, befinden sich in herrlicher Panoramalage die Überreste der römischen Villa, genannt “Grotte di Catullo”. Jahrhundertelang galt es als das prächtigste Adelsgebäude Norditaliens. In der Renaissance wurde die Bezeichnung “Grotten” oder “Kavernen” für ausgehöhlte und eingestürzte, mit Vegetation bedeckte Gebäuden verwendet.
Die Überlieferung aus dem 15. und 16. Jahrhundert identifiziert diesen Komplex als Familien Villa des 54 v. Chr. verstorbenen lateinischen Dichters Catullus.
Nach Aussage der Verse von Catullo ist es sicher, das er einen Wohnsitz in Sirmione hatte. Sirmione gehörte zum Veroneser Land. Es war schon in der Antike als Rastplatz (Mansio) an der wichtigen Strasse von Brescia nach Verona bekannt. Die erste detaillierte Darstellung der Überreste der Villa ist eine Vermessung Anfang des 19. Jahrhunderts.
Der Veroneser, Girolamo Orti Manara führte daraufhin umfangreiche Ausgrabungen durch und veröffentlichte die Ergebnisse in einem Werk, das auch heute noch grundlegend ist. Die Soprintendenza begann 1939 - 1940 mit Ausgrabungen und Restaurierungsarbeiten und erwarb 1948 das gesamte Gelände um den Komplex in seiner natürlichen Umgebung zu schützen. Jüngste Untersuchungen haben die Existenz eines Vorgängerbaus unter den Räumen im südlichen Bereich festgestellt. Es wurde bestätigt, dass der heute ausgestellte Bau nach einem einheitlichen Projekt errichtet wurde, das seine Ausrichtung und die Verteilung der Innenräume nach einem präzisen Kriterium der Achsialität und Symmetrie festlegte.
Die Villa hat einen rechteckigen Grundriß (167 x 105 Meter) mit zwei Vorbauten an den kurzen Seiten. Es umfasst eine Gesamtfläche von über zwei Hektar. Um die Neigung des felsigen Ufers, auf dem die Fundamente des Gebäudes errichtet wurden, zu überwinden, wurden große Bauräume geschaffen. In einigen Bereichen waren massive Gesteins Schneidearbeiten erforderlich. Die heute erhaltenen Überreste befinden sich daher auf verschiedenen Ebenen: Vom nördlichen Sektor sind beispielsweise nur die prächtigen Gebäude erhalten, während von den Wohnräumen, die bereits in der Antike eingestürzt waren, nichts erhalten blieb.
Das Hauptgeschoss, in dem sich die Wohnräume des Besitzers befanden, ist am stärksten beschädigt (die Villa war jahrhundertelang ein Steinbruch), während Teile des Zwischengeschosses und der Gebäude, die in der Antike manchmal nicht zugänglich waren, besser erhalten sind. Die konventionellen Namen der Räume gehen auf gefestigte lokale Traditionen, auf Interpretationen oder Bezeichnungen zurück, die bei alten Ausgrabungen vergeben wurden.
Der Eingang zum Gebäude befand sich im südlichen Vorderteil. Die Villa zeichnete sich durch lange Säulengänge aus, die auf der West- und Ostseite zum See hin offen waren und auf der Nordseite direkt mit der großen Belvedere-Terrasse in der Mitte des nördlichen Vorbaus verbunden waren. Auf der Westseite befand sich unterhalb des Portikus der sogenannte "doppelte Kryptoportikus", ein langer überdachter Gang. Die Wohnteile des Gebäudes befanden sich im nördlichen und südlichen Teil, während der zentrale Teil, der heute aus einem "großen Olivenhain" besteht, einem offenen Raum entsprach.
Dieser wird auf der Südseite durch einen Ziegelboden mit Fischgrätenmuster, der eine große, fast 43 Meter lange Zisterne bedeckt. Im südlichen Bereich befand sich der große, aus mehreren Räumen bestehende Thermalbereich, der wahrscheinlich nach der Errichtung des Gebäudes zu Beginn des II Jahrhundert n. Chr. entstand.
Der Bau der Villa kann auf die augusteische Zeit (Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. - Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr.) datiert werden. Der Einsturz der Strukturen und die damit einhergehende teilweise oder vollständige Aufgabe des Gebäudes werden auf das IV Jahrhundert n. Chr. festgelegt, ein Zeitraum, aus dem verschiedene Grabstätten stammen, die sich in einem Teil der jetzt zerstörten Villa befinden.
INFORMATIONEN:
Der archäologische Bereich und das angrenzende Museum (Piazzale Orti Manara, Tel. 0039-(0)30-916157) können von April bis September täglich außer Montags von 9 bis 18 Uhr und von Oktober bis März von 9 bis 16 Uhr besucht werden. Von der für den Verkehr gesperrten Altstadt aus erreicht man die "Grotte di Catullo”, nach einem kurzen Spaziergang (ca. 15 Minuten) oder, nur in den Sommermonaten, mit der Bimmelbahn, der von der Piazza Piatti abfährt.